Einmal gehe ich von hier weg.. ganz weg. Für immer.
Ganz sicher. Versprochen. Das nächste Mal, wenn es wieder „Läberli“ mit diesen „grossen, gruusigen“ Zwiebeln gibt. So sprach Franz, der Erstklässler. Immer dann wenn dieses Menü auf den Tisch kam.
Und das nächste Mal kam. Franz nahm den Duft schon vor der Haustüre in der Nase wahr. Wie erstarrt blieb er stehen. „Das glaub ich eifach ned“, sprach er zu sich und knallte den Schulsack in die Garderobenecke. „I ha doch gseit, dass i das ned gern ha“, brüllte Franz vom Türrahmen her in die Küche. „Z’ersch emol grüetzi säge“, meinte die Mutter. „ I weiss jo, dass du das ned gern hesch, aber isch Aktion gsi bim Metzger. Deför gits zum Dessert Vanillepudding. Inere Viertelstund chönne mir ässe“. Und Mutter wandte sich wieder den Kochtöpfen zu.
Nein, nein, nein. Diesmal nicht. Franz schnaubte vor Wut. Er stürmte die Treppe hinauf in sein Zimmer. „I han ene’s gseit, ich gange, jetzt müend sis ha“. Für diesen Fall hatte sich Franz schon lange vorbereitet. Hatte ein „Rücksäckli“ bereit mit Allerlei und sein „Portmoneeli“ gefüllt mit „Zähnis und Zwänzgis“ für unterwegs.
Leise schlich er die Treppe runter, huschte an der Küchentüre vorbei, ins Freie. Kaum ausser Sichtweite des Hauses fing er an zu rennen. Franz wollte zu seinen Grosseltern. Sie wohnten ein paar Dörfer weiter entfernt. Ungefähr wusste er wo die Strasse durchführte. Die Grossmutter hatte ja gesagt „zu öis chasch immer cho wennt wotsch und bliibe solang as wotsch“. Und bei Grossmutter konnte er immer sein Lieblingsmenü wünschen. „Läberli“ gab es nie.
Der Weg von Franz in die Freiheit führte ihn an der Metzgerei vorbei. Dort wollte er sich seinen Marschproviant kaufen. „Palimpalim“ bimmelte die Ladenglocke. „D’Muetter hett de Servila för de Vater vergässe“. Und schon hielt er die feinduftende Wurst in seinen – vor Aufregung klebrigen – Händen.
Franzen’s Reisezeit begann. Die Sonne brannte hernieder und er schwitzte. Daran hatte er nicht gedacht. Etwas gegen den Durst mitzunehmen. Seine Energie begann nachzulassen und seine kurzen Beine wurden immer schwerer. So hatte Franz sich das nicht vorgestellt. Mit dem Auto dauerte die Reise jeweils nicht so lange.
Das erste Dorf kam in Sicht. Der Dorfbrunnen. Zuerst vom kühlen Wasser trinken und dann auf den Brunnentrog sitzen. Er liess die Beine durchs Nass gleiten. „Läberli“ waren immer noch „gruusig“, aber der Vanillepudding, der fehlte ihm. Und „Servila“ ohne Brot und Senf war halt nicht das Wahre.
„Hoi du, dich känn ich doch“. Eine freundliche Stimme weckte Franz aus seinen Gedanken. „Du bisch doch de Sohn vom Ruedi us Birmiwile? Du bisch de Franz. Wohi gosch?“ „I gohne i d’Ferie, wiit weg“, sprach Franz „und mues jetz witers, de Wäg isch no lang“. Und stapfte mit seinen kurzen Beinen davon. Er merkte nicht mehr, dass der freundliche Mann in sein Haus zurückging und die Telefonnummer von Ruedi, seinem Jasskollegen aus Birmiwile, wählte…